die furche - 47

Wir sind der Unter

 

So viel steht fest: Die Verrechnung der Lehrer-Abgeltungen durch die Länder an den Bund sind oft nicht korrekt. Der Rechnungshof hat das zweifelsfrei festgehalten. Die zuständige Bundesministerin erlässt daraufhin eine Kontroll-Verordnung, mit der die ordnungsgemäße Mittelverwendung regelmäßig überprüft werden soll. Es geht um nicht weniger als 10 Mio Euro jährlich.

 

Der Sprecher der Landeshauptleute lehnt dieses Kontrollansinnen als unzumutbar ab. Quasi als Retorsionsmaßnahme fordert er die Verlagerung der gesamten Bundeslehrer-Verwaltung an die Länder und behauptet, diese massive Zuständigkeitsverschiebung sei mit Kanzler und Vizekanzler längst vereinbart – an der zuständigen Ministerin vorbei.

 

Nach einem spätsommerlichen Ministerrat meinen Kanzler und Vizekanzler, die Fehlverrechnungen seien nicht durch Kontrolle auszuräumen, sondern müssten im Zuge des nächsten Finanzausgleichs behandelt werden. Der Sprecher der „G9“ – so mein Kurzbegriff für die machtpolitisch immer unüberwindlichere Landeshauptleutekonferenz – setzt sich mit dem Argument durch, die für den Bund nachteilige Verrechnungstechnik stelle quasi ein Gewohnheitsrecht dar. Ober sticht Unter. Der Finanzminister begründet sein Einlenken mit der „Realverfassung“.

 

Wir verdrängen, dass eben diese Realverfassung auch in ganz anderen – und noch kostspieligeren – Bereichen die Einforderung einer widmungsgemäßen Verwendung von Steuermitteln verhindert. Bei der Wohnbauförderung etwa sind eklatante Verschwendungen und zweckwidrige Verwendungen ein offenes Geheimnis. Auch dort muss die überfällige Korrektur auf den nächsten Finanzausgleich warten. Das heißt: bis 2013 oder, präziser: bis St.Nimmerlein.

 

Ähnlich das Schicksal der einleuchtenden Forderung nach Angleichung der Beamten-Pensionsrechte von Bund und Land. Der im Wahlkampf stehende Bürgermeister und Landeshauptmann der Bundeshauptstadt weist im Sommerinterview die diesbezügliche Anfrage eines Journalisten entrüstet zurück. Als politische Trotzreaktion auf die Pensionsreform des damaligen Kanzlers hat er die Pensionsrechte „seiner“ Beamten sogar noch weiter ausgebaut. Korrekturen der budgetären Folgeschäden lehnt er ab. Ober sticht Unter. Rätselhafterweise verschafft generöse Disposition über Bundesgeld Wählerstimmen.

 

In Wahrheit aber gehen all diese Machtspiele gegen uns aus. Wir sind der Unter: Der duldsame Untertan, der nicht merken soll, wie Steuergelder in einem immer unübersichtlicheren Hütchenspiel ineffizienten Strukturen zugeschoben werden.

 

Ich kann mich jedenfalls – abseits vieler anderer Gründe, die gegen eine anachronistische Verländerung des Schulwesens sprechen – nur schwer mit dem Vorschlag anfreunden, dass ausgerechnet jene Gebietskörperschaften, die schon heute nicht zu vertragskonformer Abrechnung bereit sind, in Zukunft weitere 6 Milliarden Euro Bundesgeld verwalten sollen. Und ich bin davon überzeugt, dass wir das Anrecht auf eine Bildungsdiskussion haben, die nicht auf einen Verteilungskampf zwischen Gebietskörperschaften reduziert wird.

 

 

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