die furche - 10

Die wiederentdeckte Wert-Schöpfung

 

In der Not ist das Hemd näher als der Rock. Deshalb wäre fast eine „buy American“-Klausel in das amerikanische Konjunkturpaket gekommen, deshalb wollte Nicolas Sarkozy nur jene Autobauer stützen, die ausländische Zulieferungen kürzen, deshalb soll unser Banken-Hilfspaket Kredite an Unternehmen erleichtern – aber bitte nicht in Osteuropa. Und beim Abbau von Arbeitsplätzen wird schon ganz unwidersprochen damit getröstet, dass es ohnehin nur um jene im Ausland geht. Im Stress-Test der internationalen Finanzkrise droht die bisher so erfolgreiche internationale Arbeitsteilung in Protektionismus zu kippen. Aber noch trägt das dünner werdende Eis.

 

Der Alternativ-Nobelpreisträger Leopold Kohr machte sich schon in den Fünfzigerjahren Gedanken über die Vorteile überschaubarer sozialer Einheiten. Der eigenständige Denker aus Oberndorf wusste von der Verletztlichkeit überdehnter Strukturen und schrieb darüber im Lauf seiner internationalen Karriere als Nationalökonom und Philosoph gewichtige Bücher („Das Ende der Großen“, „Die überentwickelten Nationen“), die in den letzten Jahren alle neu aufgelegt wurden. Alfred Winter, Gründer der „Szene der Jugend“, Verleger und heute Kulturpolitiker in Salzburg, war Anfang der Achtzigerjahre sein Wieder-Entdecker. Dennoch ging Kohrs Stimme im allgemeinen Trend zu größeren Zusammenschlüssen und im Sog der Globalisierung wieder unter. Das „Small is beautiful“ des mit ihm befreundeten Autors Fritz Schumacher blieb besser in Erinnerung.

 

Heute zwingt uns die Finanzmarktkrise wieder zu mehr Hellhörigkeit gegenüber alternativen Denkansätzen. Markt-Werte relativieren sich, Wert-Schöpfung im umfassenderen Sinn ist gefragt.

 

In der Marktwirtschaft von morgen brauchen wir neue Antworten auf eine vielleicht doch zu weit getriebene internationale Arbeitsteilung. Sie hat zu extremen Abhängigkeiten geführt und geht in den jungen Volkswirtschaften der „Emerging Markets“ oft auf Kosten der endogenen Entwicklungschancen.

 

Ohne in Protektionismus zu verfallen, müssen wir regionale Wertschöpfungs-Kreisläufe fördern. Wenn wir schrittweise die wahren Umweltkosten des Transportes in die Preise integrieren, entsteht das fast von selbst. Und eine konsequente Offensive in Richtung Energie-Autonomie würde viele Arbeitsplätze schaffen und Abhängigkeiten durchschneiden.

Februar 2009

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