Aus Fehlern zu lernen, setzt voraus, dass man sie erkennt und benennt. Das gelingt häufig im privaten Umfeld, viel seltener jedoch in der Welt der Politik, wo Fehleraufarbeitung meist mit Reputations- und Stimmenverlusten einhergeht. Andererseits: Verleugnen und Verdrängen ist auf Dauer auch keine Lösung. Europa liefert dazu gerade ein aktuelles Fallbeispiel.
Um sich im Kräftemessen der Machtzentren USA, Russland und China mehr politischen und strategischen Spielraum für seine unabdingbare „imperiale Emanzipation“ zu schaffen, bedarf die europäische Gemeinschaft bekanntlich, so wenig wir das lange hören wollten, großvolumiger Nachrüstungs-Investitionen, für die es in den regulären Budgets keine Reserven gibt. Durchaus naheliegend wäre daher eine gemeinschaftliche Verschuldung. Diese wird jedoch nur dann politisch durchsetzbar sein, wenn sich die Kommission der Mühe unterzieht, deren bisherige Praxis kritisch aufzuarbeiten.
Zur Erinnerung: als nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 einzelne, besonders betroffene Staaten wirtschaftlich abzudriften drohten, strickte die EU-Kommission mit heißer Nadel ein „NextGenerationEU“ getauftes, 750 Milliarden Euro schweres Hilfspaket an Direktzuschüssen und Darlehen. Die Mittelverteilung der durch Emission von Eurobonds aufgebrachten Gelder erfolgte nach vagen Kriterien, keines der geförderten Projekte hatte gesamteuropäische Bedeutung und die in Aussicht gestellte Rückzahlung aus gesamteuropäischen Steuerquellen bleibt bis heute ungeklärt.
Ein derartiges Konstrukt ruft wahrlich nicht nach Wiederholung, bevor nicht am Tisch liegt, wie man es besser machen will. Gelingt diese Aufarbeitung jedoch, könnte die damit verbundene Chance auf einen entscheidenden europäischen Integrationsschritt genützt werden.
30. April 2025