Gastbeitrag für Die Furche, 09.10.2025
Österreichs Wirtschaft wächst nur marginal, insbesondere die Industrie steht weiter unter Druck. Sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene ist Entschlossenheit gefragt!
Obwohl sich nach aktueller Einschätzung der Wirtschaftsforscher nach zwei Jahren Rezession für 2025 ein zartes Wachstum von 0,3 Prozent abzeichnet – und obwohl 2026 mit einem Prozent ein leichter Aufschwung winkt, spitzt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt bei einer Arbeitslosenquote von 7 Prozent weiter zu. Ein fataler Rekordwert an Insolvenzen führt zu großflächigen Kündigungen in Gewerbe, Handel und Industrie. Überlagert wird diese Entwicklung von einer zuletzt wieder auf 3,1 Prozent angestiegenen Inflation, die allerdings zu mehr als einem Drittel dem Auslaufen der Energiehilfen geschuldet ist. Wenig überraschend überschlagen sich angesichts dessen parteiliche Schuldzuweisungen.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die vergangenen Jahre im Zeichen unvorhersehbarer, externer Schocks standen, die eine Vorschau nach der anderen zur Fehlprognose machen mussten. Der nach einem 0,5%-igen Budgetüberschuss im Jahr 2019 erfolgreich eingeschlagene Konsolidierungspfad wurde ab dem Frühjahr 2020 durch die Covid-Krise versperrt, die hohe, zuletzt überschießende Ausgleichszahlungen nach sich zog. Begleitend dazu traten erste Lieferkettenprobleme auf, die ab dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 zu einer drastischen, durch Sanktionen verstärkten Energiekrise eskalierten. Wieder griff man zu Kostenstützungen und Ausgleichszahlungen, von denen wir heute wissen, dass sie allzu oft nach dem Gießkannenprinzip verteilt wurden.
Zu langes Verharren auf Nullzinspolitik
Weitgehend verdrängt wird, dass sich im Rückblick auch die damalige Zinspolitik der Europäischen Notenbank als destabilisierend erwiesen hat. Viel zu lang beharrte die EZB auf einer mehrjährigen Nullzinspolitik, die maßgeblich zur Bildung von Spekulationsblasen auf den Kapital- und Immobilienmärkten beitrug und damit inflationssteigernd wirkte. Das radikale Anziehen der Zinsschraube im Herbst 2022 führte dann direkt in die Immobilienkrise und verstärkte die Inflationsschmerzen aller privaten Kreditnehmer.
Vor diesem Hintergrund ist der von der Dreier-Koalition eingeschlagene Konsolidierungspfad durchaus positiv zu beurteilen. Ebenso die Wiederbelebung der Sozialpartnerschaft, sichtbar geworden an dem unter der Inflationsrate gelegenen Kollektivvertrags-Abschluss der Metaller. Klar ist: nur gemeinsame, nüchterne Problemsicht kann zu Ergebnissen führen, die die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie wiederherzustellen helfen, nachdem die Lohnpolitik der vorangegangenen Jahre vor dem Hintergrund des deutlich überhöhten Abschlusses mit dem Öffentlichen Dienst zur Steigerung der Arbeitslosigkeit maßgeblich beigetragen hat.
Zugleich gilt es jedoch, allzu lange verdrängte Strukturprobleme so zügig wie möglich anzugehen. Mit einer tiefgreifenden Verwaltungs- und Föderalismusreform ließen sich beträchtliche mittel- bis langfristige Spielräume für den Staatshaushalt und öffentliche Investitionen freimachen. Sie muss von der guten Absicht zur Priorität werden und sollte nicht wieder aus parteilichen Gründen schubladisiert werden, wie das vor gut zwanzig Jahren mit den Resultaten des Verfassungskonvents geschehen ist. Das durchaus hoch zu schätzende Subsidiaritätsprinzip darf nicht neuerlich als Ausrede für Reformblockaden dienen.
Nötige Reformen auf EU-Ebene
Für eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbs- und Arbeitsmarktlage werden jedoch innerösterreichische Anstrengungen nicht genügen. Mit ebenso hoher Dringlichkeit müssen Reformen auf europäischer Ebene vorangetrieben werden.
Zum einen geht es dabei um überfällige Antworten auf die Europa-verachtende Zollpolitik Trumps. Die vor wenigen Tagen von der EU-Kommission angekündigte Ausweitung der Stahlzölle gegenüber den USA und China zeigen die Richtung auf. Dazu kommt die Öffnung für neue Handelsbündnisse – allen voran ein zuletzt sorgfältig austarierter Mercosur-Vertrag.
Zum anderen muss die im Frühjahr angekündigte Vereinfachung europäischer Regulative – von den Lieferketten über die EU-Taxonomie bis zur hypertrophen Entwaldungsverordnung – vorangetrieben werden, erweisen sich doch die derzeitigen Vorschriften als schlicht unerfüllbar und mittelstandsfeindlich.
Ebenso bedeutsam ist die Mitwirkung an europäischen Initiativen, die unsere längst zur Bedrohung angewachsene Abhängigkeit in Sachen Energie, seltene Rohstoffe und digitale Hochtechnologie vermindern helfen.
Auch muss aus dem ständigen Ruf nach einer Kapitalmarktunion endlich ein umsetzbarer Handlungsrahmen werden, der die Abwanderung von jungen Hochtechnologie-Unternehmen in den angloamerikanischen Raum oder auch in die Golfstaaten einbremst.
Statt politisches Kleingeld zu wechseln, bedarf es mehr denn je glaubwürdiger konzeptioneller Klarheit auf allen politischen Ebenen. Wir sollten das Privileg der Demokratie nutzen, diese Klarheit so streitbar wie kompromissbereit zu erringen. Erst dann gewinnen Unternehmen wieder das für Investitionen und die damit verbundene Schaffung von Arbeit