die furche - 239

Konzerne in der Verantwortung

Unternehmen haben eine menschen-rechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht auch in jenen Ländern, in denen ihre Vorprodukte hergestellt werden.

Zu den zahlreichen geschichtlichen Ereignissen, derer wir heuer wegen eines auf „8“ endenden Entstehungsjahres gedenken, gehört auch die 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Ihr zentraler Satz – „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ – hat seit damals nichts an Strahlkraft und Brisanz verloren.

Wer allerdings nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gehofft hatte, der Siegeszug dieses Eckpfeilers demokratischer Gesellschaften wäre nicht mehr aufzuhalten, wurde durch die weltpolitischen Entwicklungen seit der Jahrtausendwende ernüchtert. Die Versuche des zunächst so selbstsicheren Westens, das Reich der Freiheit durch die gewaltsame Ablöse von Tyrannen zügig weiter wachsen zu lassen, schlugen vom Irak über Libyen bis nach Syrien fehl.

Dazu kommt die sozialgeschichtlich völlig neuartige, machtvolle Entwicklung Chinas zu einem Staatsgebilde, das ohne ausdrückliche Akzeptanz unseres vertrauten Menschenrechts-Katalogs einzigartige Wachstumserfolge zeigt. Es gibt eine ganze Reihe von Anzeichen dafür, dass diese Entwicklungen uns „Westler“ verunsichern. Immer häufiger hört man von einer an Kapitulation grenzenden Relativierung der Menschenrechte als einem auf andere Kulturen nur begrenzt übertragbaren Postulat.

Erfrischend anders und offensiv dagegen der Ansatz des Theologen und Sozialwissenschaftlers Peter G. Kirchschläger. Im überfüllten Auditorium Maximum hielt der neue Inhaber des Lehrstuhles für theologische Ethik an der Universität Luzern und Enkel des früheren österreichischen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger in der vergangenen Woche eine so gehalt- wie schwungvolle Antrittsvorlesung über die ungebrochene Wirkung des menschenrechtlichen Imperativs.

In einer Welt, deren Schicksal von globalen Konzernen maßgeblich mitbestimmt wird, will er deren Führungskräfte in die direkte Verantwortung nehmen. Die von ihm mitgegründete schweizerische „Konzernverantwortungs-Initiative“ zielt deshalb auf eine verbindliche menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflicht von Unternehmen auch in jenen Ländern, die Menschenrechte nicht ausreichend schützen. Ihre Verantwortung für menschenwürdige und umweltgerechte Erzeugung soll demnach nicht bei den eigenen Betriebsstätten enden, sondern die gesamte Zuliefererkette abdecken.

Nur so ließe sich künftig verhindern, dass Sklavereiprodukte aus zweifelhafter Herkunft den aus verantwortungsvoller Herstellung stammenden Erzeugnissen unlautere Konkurrenz machen. Und genau hier liegt auch das Eigeninteresse der Unternehmen, denen an fairem Wettbewerb und gesellschaftlicher Akzeptanz gelegen ist.

Dank des medialen Drucks zivilgesellschaftlicher Initiativen und einer couragierten, von Lobbyinteressen unabhängig agierenden Forschung scheint ausgerechnet die Schweiz als Mutterland maßgeblicher Weltkonzerne ein guter Boden für derartige Vorhaben zu sein. Sie wirken als willkommenes Heilmittel gegen eine mitunter drohende Resignation in Menschenrechtsfragen.

26. April 2018

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