die furche - 159

Eine Steueridee die nichts kostet

 

Das griechische Schuldendrama beanspruchte in diesen Tagen so viel mediale Aufmerksamkeit, dass eine durchaus bedeutsame europäische Neuerung beinahe unbemerkt blieb: neben der Bankenunion soll nun auch eine „Kapitalmarktunion“ entstehen. Das grundlegende Konzept – nachzulesen in einem soeben von Finanzmarktkommissar Jonathan Hill veröffentlichten „Grünbuch“ – verspricht jedenfalls mehr zu sein als eine weitere Kopfgeburt von Eurokraten: Da Finanzierungen außerhalb des Bankensystems bisher nur großen Unternehmen zugänglich sind, sollen nun vor allem mittleren und kleineren Unternehmen die Aufbringung von Eigen- und Fremdkapital auf den Kapitalmärkten durch einheitliche Spielregeln erleichtert werden.

In einer Zeit wachsender Beschäftigungsprobleme ist das ein Gebot der Stunde. Gerade weil das Kreditgeschehen wegen der dramatischen Überregulierung des noch lange nicht sanierten Großbanken-Systems lahmt, brauchen wir funktionierende Märkte für Risikokapital. Da zugleich viele unter den Niedrigstzinsen leidende Anleger nach Möglichkeiten suchen, ihr Erspartes auch in direkte Beteiligungen zu investieren, fehlt es nicht am verfügbaren Geld. Es gilt nur geeignete, zeitgemäße Wege zu finden, um Investoren und Unternehmen zusammenzubringen. Die Kapitalmarktunion soll dafür gemeinsame Standards in allen europäischen Staaten schaffen.

Funktionieren kann die Sache aber nur, wenn es auch entsprechende Initiativen auf einzelstaatlicher Ebene gibt. Ein für Österreich naheliegender Ansatz dazu wäre die Förderung der in jüngster Zeit durchaus lebendigen Gründerszene, der wir mit Hilfe einer einfachen steuerlichen Maßnahme, die keinerlei zusätzliche Budgetmittel beansprucht, zu einem Wachstumsschub und neuer Beschäftigung verhelfen könnten.

Der Schlüssel dazu heißt „Selbständigen-Begünstigung“. Diese erst vor wenigen Jahren als Ausgleich für die „Sechstelbegünstigung“ des 13. und 14. Gehalts geschaffene Möglichkeit, die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer durch Investitionen zu vermindern, kann derzeit nur über den Erwerb von Wohnbauanleihen ausgenutzt werden. In der „Standortstrategie Leitbetriebe“ des Wirtschaftsministeriums findet sich nun der auf den ersten Blick unscheinbare, aber vielversprechende Vorschlag, den lukrierten Gewinnfreibetrag – alternativ zur Veranlagung in Wohnbauanleihen – auf Beteiligungen an jungen Wachstumsunternehmen zu erweitern

Entschiede sich nur ein Fünftel all jener, die heute schon von der Selbständigen-Begünstigung Gebrauch machen, für Beteiligungen an jungen Unternehmen, ließe sich damit bereits ein jährliches Volumen von 40 Millionen an zusätzlichem Risikokapital mobilisieren. Aber so viel auch für die Umsetzung dieser völlig budgetneutralen und dennoch beschäftigungswirksamen Maßnahme sprechen mag: wir wissen noch nicht, ob sie die wahlkampfartigen Vorgeplänkel einer Steuerreform, die sich allem Anschein nach nur um Verteilungs- und Steuereintreibungsfragen dreht, überleben wird.

05. März 2015

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