die furche - 134

Australische Perspektiven

 

Am vergangenen Wochenende fand in Sydney die Frühjahrstagung der Finanzminister und Notenbankenchefs der G20 statt, jener globalen Organisation, die mit 19 Staaten zuzüglich der Europäischen Union 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung repräsentiert. Zufällig führte auch mich in den Tagen davor eine private Reise in die schöne Stadt mit dem wohl nach wie vor spektakulärsten Operngebäude der Welt.

Bei den Beratungen der G20 ging es zum einen um strengere Regeln für die globale Finanzwirtschaft – von solideren Eigenkapitalvorgaben über die Kontrolle von Schattenbanken bis zum Umgang mit hoch spekulativen Produkten. Auch will man unter dem zunehmenden Druck der unter hohen Steuerlasten leidenden „Normalbürger“ endlich ernsthaft gegen die grenzlegale Steuervermeidung internationaler Konzerne vorgehen und bekannte sich erstmals zu globalen Standards für einen automatischen Datenaustausch.

Einen zweiten Brennpunkt bildeten die akuten Probleme einiger der als „Schwellenländer“ bezeichneten, aufstrebenden Marktwirtschaften. Ihnen bereitet die Beendigung der lockeren amerikanischen Geldpolitik überraschende Probleme. Solange nämlich die amerikanische Notenbank durch außertourliche Anleihekäufe frisches Geld in die Niedrigzins-Märkte pumpte, flossen hohe Summen in die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und Südamerikas. Dass Amerika nun wieder auf die Geldbremse tritt, kommt für diese Länder zu früh und zeigt schmerzhaft, dass ihr Aufschwung noch keineswegs gefestigt ist. Von Argentinien über die Türkei bis zu den asiatischen Nachbarn Australiens drohen deshalb Währungskrisen. So schließt sich der Kreis zur Asienkrise von 1997, die über Initiative von Bill Clinton zur Gründung der G20 führte.

Die europäische Staatsschuldenkrise hingegen war bei den aktuellen Beratungen kein Thema mehr. Ebenso bemerkenswert ist, dass der Euro eher mit seinem hohen Außenwert gegenüber dem Dollar Sorgen macht als mit der Gefahr seines Zerfalls, der noch vor zwei Jahren eine ernsthafte Bedrohung darstellte. Diese beiden Etappen-Erfolge der europäischen Politik im Zusammenspiel mit der Zentralbank in Frankfurt liefern im aufgeheizten Vorfeld der Europawahlen gute Argumente für eine Fortsetzung des eingeschlagenen Weges. Dessen nächstes Etappenziel muss nun der Kampf um Jugendbeschäftigung, Innovation und nachhaltiges Wachstum sein.

Reisen in weite Fernen eröffnen meist auch neue Perspektiven gegenüber dem eigenen Umfeld. Zuletzt erlebte ich das auf dem Rückflug von Sydney nach Österreich. Monitore über den Sitzreihen zeichneten unsere Flugroute auf Welt-Landkarten nach, die Europa aus der Perspektive von „Down Under“ als eine etwas ausgefranste Landmasse im Westen Eurasiens erscheinen ließen. So anschaulich wie nie zuvor wurde mir da bewusst, dass wir im globalen Konzert nur dann bestehen werden, wenn wir die Chancen der in der Europäischen Union versammelten Nationalstaaten im Sinn einer „Einheit in Vielfalt“ noch viel konsequenter ausspielen.

27. Februar 2014

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