die furche - 131

Eine wirtschaftsethische Großbaustelle

 

Seit es Finanzskandale gibt, entstehen ganz neue Berufsbilder mit zum Teil irreführenden Bezeichnungen. So ist ein „Geldwäschebeauftragter“ natürlich nicht für die Durchführung von Geldwäsche zuständig, sondern für deren Verhinderung. In vergleichbarer Weise soll seit Beginn dieses Jahres in der größten Bank Deutschlands ein „Skandalbeauftragter“ dafür sorgen, künftige Skandale zu verhindern.

Die Personalinvestition in den bisher für die Unternehmensberatung McKinsey tätigen Spezialisten für unternehmerisches Wohlverhalten könnte sich lohnen. Immerhin haben die Strafzahlungen des Institutes zuletzt Größenordnungen erreicht, die bei weitem über jener Schwelle der Vernachlässigbarkeit liegen, die Hilmar Kopper, vielzitierter Vorgänger des heutigen Vorstands, einst als „peanuts“ bezeichnete.

Die Summe der Geldbußen liegt bereits bei mehreren Milliarden Euro, für weitere Zahlungen muss bilanziell vorgesorgt werden. Das Sündenregister reicht von der Beteiligung an Zins-Manipulationen und anfechtbaren Konstruktionen zur grenzlegalen Steuervermeidung bis zum wissentlichen Weiterverkauf substanzloser „Subprime“-Wertpapiere. In vergleichbaren Dimensionen bewegen sich die Pönalezahlungen der Mitbewerber an der Wallstreet.

Mehr als fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise erscheint das Bankensystem als wirtschaftsethische Großbaustelle, obwohl bereits ein ganzer Wust an neuen Regeln und Wohlverhaltens-Katalogen („Compliance Codes“) in Kraft getreten ist. Das liegt zum einen an der Dauer der Aufarbeitung früherer Vorgänge, zum anderen aber wohl auch daran, dass noch so viele Wohlverhaltens-Nachweise in einzelnen Instituten keine Änderung der in entscheidenden Bereichen der Finanzwirtschaft falsch gesetzten Anreize bewirken. Wirksamer als detailversessene Mikro-Kontrollen wären deshalb Rahmenbedingungen, die gewährleisten, dass globale Großbanken durch geeignete Regulative zu mehr Klarheit im Handeln veranlasst werden.

Ein Trennbankensystem muss sicherstellen, dass die Steuerbürger nicht mehr für Fehlentwicklungen in der Finanzwirtschaft haften. Parallel dazu ist die Eigenkapitalausstattung zu verbessern sowie Transparenz im Schattenbankensystem und auf Steueroasen zu schaffen. Stattdessen werden auf Druck der Bankenlobbys Trennbanken-Konzepte verwässert und Maßnahmen zur Verkürzung des Fremdmittel-Hebels in den Bilanzen mit dem sachlich unhaltbaren Argument verhindert, höhere Eigenmittel gingen zu Lasten der Kreditgewährung.

Die Interessensverbände der Großbanken sollten zur Bestellung eines „Skandalbeauftragten“ verpflichtet werden, der diese unverantwortliche Verzögerungstaktik in den Schlüsselthemen der Finanzmarkt-Reform beendet. Mit einem solchen Schritt gewänne die Finanzbranche jedenfalls mehr Vertrauen zurück als mit dem Einsatz noch so vieler hochspezialisierter Tugendwächter. Denn das eigentliche banken-ethische Gebot der Stunde ist ein ehrlicherer Umgang mit den zentralen Fragen einer von Grund auf erneuerten Geldwirtschaft. 

16. Jänner 2014

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