Die furche -107

Immer das gleiche Muster

 

Ob das Land Salzburg noch einmal Glück im Unglück gehabt haben wird, lässt sich derzeit noch nicht feststellen. Zu viele der verdeckt eingegangenen Risiko-Positionen sind offen und können sich während der zur Abwicklung erforderlichen Zeit noch verändern.

Das Muster aber, nach dem eine von der Landesregierung über Jahre auf Händen getragene Expertin auf Abwege geraten zu sein scheint, gleicht in vielerlei Hinsicht jenem der in internationalen Großbanken auffällig gewordenen Finanzmanager. Am Anfang stehen meist in einem allgemeinen Marktaufschwung relativ leicht errungene Erfolge. Dann kommt ein unerwarteter Rückschlag. Und um diesen zu verschleiern beginnt der Versuch, den eingetretenen Schaden mit geheim gehaltenen Zusatzgeschäften wieder wettzumachen.

Ob bei den unerlaubten Geschäften des Derivatehändlers Nick Leeson in den Neunzigerjahren oder bei Kweku Adoboli, jenem Händler der Schweizer UBS-Bank in London, der im Herbst 2011 über 2,3 Milliarden Dollar Verluste verschwiegen hatte: immer hofften die ehrgeizigen Jongleure, die Märkte überlisten zu können und immer beteuerten sie danach, nur zugunsten ihrer Institute gehandelt zu haben.

Die noch junge Wissenschaft des „Behavioral Finance“ liefert Erklärungen, warum es auch abseits solcher Sonderfälle so häufig zu spekulativem Fehlverhalten kommt. Terrance Odean, einer ihrer prominentesten Vertreter, referierte jüngst in Wien über die verhaltenswissenschaftlich belegbaren, irrationalen Einflüsse auf Finanzentscheidungen. Eines der größten Risiken: Selbstüberschätzung, simpler Herdentrieb in Form von Imitation des Marktverhaltens Anderer, aber auch jener an vermeintlich verlässlichen Marktprognose-Modellen geschulte Tunnelblick, der außergewöhnliche Sonderrisiken ausblendet. Dass Finanzblasen auch platzen können, ist in der klinisch sauberen Welt der Modellrechnungen nämlich nicht vorgesehen.

Derartige Erklärungen der Handlungsweise von Finanzmanagern wären ein guter Ansatz, um Regeln zu entwickeln, mit denen sich deren unerwünschte Folgewirkungen in verkraftbaren Dimensionen halten ließen: etwa die Einschränkung der spekulativen Spielräume durch verpflichtende Mindest-Eigenkapitalausstattung oder die verpflichtende Konzentration auf Risiko-Absicherung statt spekulativer Seiltänze.

Auf solcherlei naheliegende Konsequenzen seiner Forschungsergebnisse angesprochen verweigerte der renommierte Wissenschaftler allerdings jede Antwort. Seine ausweichende, bei einem Top-Ökonomen wohl nur als Schutzbehauptung deutbare Begründung: er kenne sich in gesamtwirtschaftlichen Fragen zu wenig aus.

Meine daraus abgeleitete Privat-Hypothese zum Verhaltensmuster vieler renommierter Finanztheoretiker: sie vermeiden kritische Positionen gegenüber der bei den internationalen Großbanken ungebrochen beliebten Lehre von den allzeit effizienten Finanzmärkten – und verzögern damit die überfällige Veränderung hin zu einem wieder vorrangig der Realwirtschaft dienenden Bankensystem.

24. Jänner 2013

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